Eine Biblia latina aus dem Besitz der Michaelisbrüder in Rostock

Im Stadtarchiv Stralsund wird unter der Signatur  N.B. 2° 8 eine Biblia latina, gedruckt bei Petrus Quentel  in Köln 1527, aufbewahrt. Der Einband wurde von U. Altmann  ( 1 ) 1996 beschrieben und als Rostocker Einband Nr. 28 bezeichnet.

Erstbesitzer waren die Michaelisbrüder (Fratres domus Viridis Horti ) in Rostock, wie aus den Schließen-Exlibris der oberen und unteren Buchschließe hervorgeht. Der Text der Exlibris lautet:

 „ Liber dom[us] fr[atru]m apud S.Michaele[m] in Rostock und ist in Fraktur-Schrift.

Eine Eintragung aus dem 16. Jahrhundert auf der Innenseite des Vorderdeckels benennt einen späteren Besitzer.  

Der Einband ist gut erhalten.  Vorder- und  Hinterdeckel sind gleich gestaltet.                                                    

In Blindprägung wird mit der St.Michael-Rolle ein von Streicheisenlinien begrenzter äußerer Rahmen gebildet und im Innenfeld die Rautenplatte S-S  6 b viermal verwendet.

Die St.Michael-Rolle zeigt den Erzengel aufrecht auf Luzifer stehend und ihn mit einer Lanze durchbohrend.

Diese St.Michael-Rolle fand ich außerdem an den Einbänden:

Stadtarchiv Rostock, Signatur 1.3.1.235, Band 3, Ordelbuch des Obergerichts des Rates der Stadt Rostock 1549 – 1572,

Universitätsbibliothek Rostock, Signatur Rb-115,  Sebastian Franck: Chronica, Drucker Balthasar Beck, Straßburg 1531, 

Universitätsbibliothek Rostock, Signatur Fe-93 (7), Augustinus Aurelius: Opera - P.7, Drucker Johannes Froben, Basel 1529.

 Die beiden vollständigen Riemenschließen in der Rostock-typischen Form mit stark fächerförmig verbreiterten, gewellten Schließenenden sind aus Messingblech gefertigt.

                                      

Die beiden Mittelbuckel und die acht Eckbeschläge sind in Messing geprägte  sog. „ Nürnberger Ware .

Für die Vorsätze wurde eine Pergament-Handschrift mit roten Initialen aus einem Messbuch verwandt.

Das Titelblatt zeigt eine kolorierte Darstellung eines Wappens mit drei Kronen.

Darunter sind der Druckort, der Drucker und das Druckjahr vermerkt.

Das Buch ist nicht restauriert und zeigt keine starken Gebrauchsspuren.  Es ist anzunehmen, dass es kurz nach seinem Erscheinen gekauft und dann in der Werkstatt der Michaelisbrüder, bzw. vom sog. Universitätsbuchbinder gebunden wurde. 1531 hatte die Reformation Rostock schon erreicht  und die Michaelisbrüder mussten ihre Drucktätigkeit einstellen. ( 2 )

Die Bibel zeigt in der Genesis einen viertelseitigen, kolorierten Holzschnitt von Gottvater in Rot- und Ockertönen bei der Erschaffung der Welt, sowie szenische Darstellungen des Paradieses. Die Seiten des Exodus zeigen in vielen kolorierten Holzschnitten sakrale Gegenstände des Judentums.

Georg Adler ( 3 )

adlerpre@t-online.de

 

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